Die EU und Großbritannien
Die EU und Großbritannien
Reihe: | Politik betrifft uns |
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Themengebiet: | Sachthemen |
Erscheinungsjahr: | 2019 |
Beschaffenheit: | Heft, DIN A4, perforiert, 28 Seiten, inkl. 2 farbige OH-Folien |
Seitenzahl: | 28 |
Produktnummer: | 40-1904 |
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Die Abstimmung über die EU-Mitgliedschaft Großbritanniens ist ein zentraler Moment in der Geschichte der europäischen Integration. Es wurde erwartet, dass das Ergebnis des Referendums knapp ausfallen würde. Dennoch hatten weder die Finanzmärkte noch die Wettbüros damit gerechnet, dass die Seite, die für den EU-Austritt geworben hatte („Leave“-Seite), gewinnen würde. Boris Johnson droht mit einem harten Brexit. Für die Europäische Union und ihre (inkl. GB) ca. 510 Millionen Einwohner wird 2019 somit zum Schicksalsjahr mit dem Motto „Quo vadis, Europa?“.
Die vorliegende Unterrichtseinheit gliedert sich in drei Teile:
- Im ersten Teil erwerben die Schülerinnen und Schüler zunächst Grundlagenwissen zur Europäischen Union und zum britischen Austritts-Referendum. Hierbei stehen zum einen Motive, geschichtliche Entwicklung und institutionelle Organisation der Europäischen Union im Mittelpunkt.
- Im zweiten Teil analysieren die Schüler/-innen die Interessenkonstellationen in der EU27 und in Großbritannien. Im Anschluss beschäftigt sich die Lerngruppe mit den politischen, vor allem aber auch wirtschaftlichen Konsequenzen des Brexits für beide Seiten.
- Im dritten Teil erweitert die Lerngruppe das bisher Gelernte um die Dimension der Zukunftsfähigkeit. Mit dem Brexit steht für die Europäische Union zum ersten Mal ihre generelle Entwicklung, die bisher aus kontinuierlicher Erweiterung und Vertiefung der Integration bestand, infrage.
Über "Politik betrifft uns" – Unterrichtsmaterial für den Politikunterricht
„Politik betrifft uns“ ist eine Fachzeitschriftenreihe zur Unterrichtsvorbereitung in Politik, Sozialkunde, Gemeinschaftskunde bzw. Politische Bildung in der Sekundarstufe II.
Im Abonnement erscheint die Publikation sechsmal im Jahr. Dabei thematisiert eine jede Ausgabe tagesaktuelle Geschehnisse aus Gesellschaft, Politik oder Wirtschaft unter Berücksichtigung der Lehrpläne der Bundesländer.
Auf 28 Seiten wird eine komplette Unterrichtseinheit abgebildet. Aktuelle Texte, Statistiken, Interviews sind mit Aufgabenstellungen so aufbereitet, dass sie als Kopiervorlage direkt im Unterricht eingesetzt werden können. Die dazugehörigen Lösungen stehen Lehrerinnen und Lehrern im „Unterrichtsverlauf“ zur Verfügung. Eine Klausur mit Erwartungshorizont rundet jede Ausgabe ab.
Neben der gedruckten Form erscheint "Politik betrifft uns" auch digital. Online bekommen die Abonnentinnen und Abonnenten Zugriff auf die gesamte Ausgabe als PDF-Datei und editierbare WORD-Datei. So wird die Möglichkeit geboten, Arbeitsblätter für die jeweilige Lerngruppe anzupassen. Außerdem sind Bilder und Karikaturen online einzeln verfügbar, um diese mit Beamer oder interaktivem Whiteboard präsentieren zu können.
„Politik betrifft uns“
ist bestellbar als Zeitschriften- oder Online-Abonnement.
Zusätzlich besteht die Möglichkeit, mit einer erweiterten Schullizenz die
Publikation in der Fachschaft und dem Schulnetzwerk zu nutzen.
Aus dem Inhalt
Diese Ausgabe enthält Unterrichtsmaterial zu folgenden Themen:
1. Teil: Was ist ... der aktuelle Stand des Brexits?
- Was bedeutet Europa für mich?
- Die Geschichte der Europäischen Union
- Die Erweiterung der Europäischen Union
- Die Organe der Europäischen Union
- Das Brexit-Referendum
- Welche Abstimmungsmuster liegen dem Brexit-Referendum zugrunde?
- Das Austrittsverfahren nach Artikel 50
- Stimmen zum Brexit
2. Teil: Was kann sein? Austrittsszenarien und ihre Folgen
- Wer will was in Großbritannien?
- Wer will was in der EU der 27?
- Der Brexit aus Bürgersicht
- A What citizens think (bilinguales Material zu M 2.3) AKTUELL
- Das Austrittsdokument
- Politische Folgen des Brexits
- EU der 28: Bevölkerung und Wirtschaftskraft
- Mögliche wirtschaftliche Konsequenzen – für die EU und ihre Mitgliedsländer
- Mögliche wirtschaftliche Konsequenzen – für Großbritannien
3. Teil: Was soll sein – zur Zukunft der Europäischen Union
- Mehr Transparenz – der europäische Bürgerdialog
- Entwicklungsperspektiven für die Europäische Union
- Entwicklungsperspektiven EXTRA
- Klausurvorschlag
Einleitung
Die Abstimmung über die EU-Mitgliedschaft Großbritanniens ist ein zentraler Moment in der Geschichte der europäischen Integration. Es wurde erwartet, dass das Ergebnis des Referendums knapp ausfallen würde. Dennoch hatten weder die Finanzmärkte noch die Wettbüros damit gerechnet, dass die Seite, die für den EU-Austritt geworben hatte („Leave“-Seite), gewinnen würde. Auch fast zwei Jahre nach dem Referendum bleibt Großbritannien in der EU-Frage gespalten. Zwar steigt in der Bevölkerung das Empfinden, dass die Brexit-Verhandlungen schlecht verlaufen. Allerdings kreiden die Brexit-Befürworter dies eher der „Unfähigkeit“ der Politiker an (sowohl auf britischer als auch auf EU-Seite). Dementsprechend zeigen Umfragen, dass sich die grundsätzliche Einstellung, ob Großbritannien aus der EU austreten soll, bisher im Durchschnitt kaum geändert hat.“
Zu dieser Einschätzung kommen britische Wissenschaftler in ihrer Studie zu den Abstimmungsmustern, die hinter der „Leave“-Entscheidung Großbritanniens stehen. Die Ergebnisse, die im Materialteil unter M 1.6 zu finden sind, sind besonders interessant, geht man an den Anfang des Brexit-Prozesses zurück. Dieser wurde vom damaligen Premierminister David Cameron initiiert, der durch zunehmende Stimmengewinne bei der europaskeptischen Partei UKIP unter Druck geraten war. Aus europäischer Sicht ohne große Not, vermutlich aber aus wahlkampftaktischen Gründen kündigte er im Januar 2013 an, die Briten über den Verbleib in der Europäischen Union abstimmen zu lassen, in der Hoffnung, innenpolitisch damit seine Macht zu stabilisieren; zunächst auch mit Erfolg, er gewinnt im Mai 2015 die Parlamentswahlen und erneuert sein Versprechen auf ein Referendum, das für den 23.06.2016 angesetzt wird. Bereits im Vorfeld der Wahl und auch im direkten Anschluss daran versucht Cameron, mit der EU über die strittigsten Punkte aus Sicht seiner Landsleute zu verhandeln.
Neben einer Stärkung des britischen Finanz- und Bankensektors (GB ist kein Mitglied der Euro-Zone und möchte sich vor bestimmten Diskriminierungen schützen) und dem politischen Recht, nicht alle Integrationsschritte im gleichen Maße mitgehen zu müssen wie andere EU-Länder geht es letztlich vor allem um Migration und Einwanderung. Besonders aus Ost- und Südeuropa hatten sich die Zuwanderungszahlen nach Großbritannien zuletzt stark erhöht, was populistischen und europakritischen Kräften starken Zuwachs beschert hat. Denn verantwortlich dafür machten viele die EU mit ihren offenen Grenzen. Ferner den da-raus resultierenden Zuzug der Personen und der in ihren Augen zu großzügigen Arbeitnehmerfreizügigkeit, da in der Zuwanderung doch vielfach eine mögliche Ausnutzung des britischen Sozialstaates gesehen wurde. Bei gleichzeitiger Verschärfung der sogenannten „Flüchtlingskrise“ mit starker Migration aus Syrien, dem Irak, aber auch (nord-) afrikanischen Ländern über das Mittelmeer wurden so die Rufe nach der Rückgewinnung der Kontrolle über die eigenen Grenzen lauter und lauter. Cameron versuchte daher, mit der EU weitere Sonderrechte für Großbritannien auszuhandeln, wie beispielsweise geringere Zahlungen von Lohnsubventionen an Niedrigverdiener. Gleichzeitig wurde die Wirksamkeit dieser Maßnahme von Experten angezweifelt und im Gegensatz dazu sogar durch mehrere Studien belegt, dass die europäischen Einwanderer dem britischen Staat mehr nützen als schaden; außerdem standen damit europäische Grundwerte, wie eben die Personenfreizügigkeit innerhalb des Staatenbundes, zur Disposition, wodurch der Verhandlungsspielraum entsprechend klein war.
Eigentlich hätte es also eines innerbritischen Diskurses bedurft über die Rolle von Migration bzw. über die künftige Gestaltung der britischen Gesellschaft und der tatsächlichen Probleme und Ängste. Cameron entschied sich aber für den Weg, den ihm letztlich populistische Kräfte vorgegeben haben: die Problematik auf die ohnehin gerade angeschlagene (Wirtschafts- und Staatsschuldenkrise) europäische Ebene zu verlagern und sich von dort eine Lösung zu erhoffen. Statt sich der eigentlichen Wurzeln des Problems anzunehmen, wurden so die kritischen Stimmen noch befeuert. Im Wahlkampf für das Referendum vermischten sich dann bereits die politischen Lager, auf beiden Seiten gab es Konservative, Liberale und Linke mit höchst unterschiedlichen Motiven und Zielen. Bereits hier lässt sich rückblickend erkennen, dass es ein äußerst komplexes Unterfangen sein wird, mehrheitsfähige Kompromisse zu erzielen.
Am 23.06.2016 votieren die Briten schließlich knapp für „Brexit“, woraufhin David Cameron seinen Rücktritt als Premierminister ankündigt. In Großbritannien herrscht innenpolitisch Chaos, wer nun welche Funktionen übernimmt und wie der Brexit konkret vollzogen werden soll. In der EU27 reichen die Reaktionen von Entsetzen bis hin zu Wut und Unverständnis. Für die verbleibenden Europäer stellen sich jetzt sämtliche unangenehmen Fragen, die bereits seit der Staatsschuldenkrise und jetzt wieder neu seit der Uneinigkeit im Umgang mit der „Flüchtlingskrise“ im Raum stehen: Wie geht es weiter mit der Europäischen Union, wohin will sich der Kontinent entwickeln: Bundesstaat mit immer mehr gemeinsamer Lösung von Problemen, Fiskalunion, europäischer Sozialstaat; lockeres Staatenbündnis mit Konzentration auf wirtschaftliche Vorteile; oder irgendein Weg dazwischen? Zum ersten Mal seit der Entstehung steht im Raum, dass dieses politische Gebilde nicht die beste Lösung für den europäischen Kontinent ist. Formal gibt es seit dem Vertrag von Lissabon 2009 zwar die Möglichkeit, dass ein Mitgliedsland aus der Union austritt.
Politisch sorgt dieses Novum aber für Unklarheiten und Unsicherheiten, die seitens der britischen Regierung mit ihrer damaligen Premierministerin Theresa May nicht gerade verkleinert werden. Sie setzt von Anfang an auf einen harten Brexit, eine Teilhabe bspw. am Binnenmarkt nach Vorbild Norwegens oder der Schweiz oder eine privilegierte Partnerschaft schließt May aus, auch das Parlament will sie zunächst nicht aktiv in die Prozesse einbeziehen. Mit dem offiziellen Kündigungsbrief an die Europäische Union im März 2017 steht fest: Bis zum 29.03.2019 wird Großbritannien die EU verlassen. Heute ergänzen muss man: oder auch nicht. Zwar einigen sich Großbritannien und die EU27 bis Ende 2018 auf ein Austrittsdokument, welches von den verbleibenden EU-Mitgliedern auch ratifiziert wird. Was dann allerdings in Großbritannien geschieht, ist ein Shakespeare’sches Lehrstück in Sachen Macht und Machtverlust. Dreimal wird Theresa May dem Parlament ihren Deal vorlegen, dreimal wird sie scheitern, trotz kleiner Nachverhandlungen an der umstrittenen „Backstop“-Lösung. Allerdings scheitert auch eine „No deal“-Abstimmung im Parlament, sodass die britischen Interessen immer unklarer werden. Nach Sondergipfeln und Eilgesprächen steht nun seit Anfang April fest:
Die Briten haben bis zum 31. Oktober 2019 Zeit, sich auf einen Brexit zu einigen. Bisher ist diese Einigung nicht gelungen; Großbritannien hat an der Europawahl teilgenommen mit einem deutlichen Sieg (30,5%) für die Brexit-Party. Im Nachgang der Wahl ist Theresa May zurückgetreten, seit dem 24.07. ist Boris Johnson ihr Nachfolger. Er hatte bereits zuvor Nachverhandlungen zum Austrittsdokument angekündigt. Das Abkommen, das seine Vorgängerin Theresa May mit der EU abgesprochen hat, will er nicht akzeptieren. Boris Johnson deutet einen harten Ausstieg an. Wie der Brexit genau aussehen wird, ist damit immer noch unklar. Für die Europäische Union und ihre (inkl. GB) ca. 510 Millionen Einwohner wird 2019 somit zum Schicksalsjahr mit dem Motto „Quo vadis, Europa?“.
Kompetenzerwerb der Schülerinnen und Schüler
Die vorliegende Unterrichtseinheit ist in drei Teile gegliedert.
Der erste Teil fördert schwerpunktmäßig die Analysekompetenz: Die Schülerinnen und Schüler erwerben zunächst Grundlagenwissen zur Europäischen Union und zum britischen Austritts-Referendum. Hierbei stehen zum einen Motive, geschichtliche Entwicklung und institutionelle Organisation der Europäischen Union im Mittelpunkt, die ein politisches Bündnis „sui generis“ ist. Probleme beim Verständnis der Komplexität der Entscheidungsprozesse sind seitens der Schülerinnen und Schüler zu erwarten. Zum anderen stehen das Brexit-Referendum und seine Hintergründe im Fokus. Bereits hier spiegeln sich die Zerrissenheit des Landes sowie die Vielfältigkeit der Motive und Erwartungen an den Ausstieg wider. Diese Hintergründe sollen im zweiten Teil vertieft werden.
Der zweite Teil hat als Schwerpunkt sowohl die Analyse- als auch die Urteilskompetenz. Zunächst werden dabei die Interessenkonstellationen in der EU27 und in Großbritannien analysiert, ergänzt um die Perspektive und Einschätzung zweier britischer Staatsbürger. Anschließend analysieren die Schülerinnen und Schüler politische, vor allem aber auch wirtschaftliche Konsequenzen des Brexits für beide Seiten (GB, EU27). Hier steht besonders auch statistisches Material im Fokus, das die Bedeutung beider Seiten füreinander beleuchten soll. Abschließend fällen die Lernenden ihr politisches Urteil, indem sie zum einen beurteilen sollen, weshalb es bisher (Stand 02.08.2019) nicht zu einem Vollzug des Brexits gekommen ist; zum anderen sollen sie anhand der erworbenen Kenntnisse die grundsätzliche Entscheidung Großbritanniens, die EU verlassen zu wollen, beurteilen.
Der dritte Teil der Unterrichtseinheit vertieft die Urteilskompetenz und erweitert das bisher Gelernte um die Dimension der Zukunftsfähigkeit. Mit dem Brexit steht für die Europäische Union zum ersten Mal ihre generelle Entwicklung, die bisher aus kontinuierlicher Erweiterung und Vertiefung der Integration bestand, infrage. Damit ist der Brexit nicht nur für Großbritannien eine entscheidende Wegmarke. Auch für die EU sind ab hier viele verschiedene künftige Entwicklungen möglich, die für Irritation und Unsicherheit, aber auch für Hoffnung auf neue Impulse sorgen. Hier sollen die Schülerinnen und Schüler abschließend vertiefen, dass politische Entscheidungen immer auch auf die Zukunft ausgerichtet und reflektiert werden müssen und dass bestimmte Entwicklungen keineswegs vorherbestimmt oder zwangsläufig sind, sondern dass Politik und Zukunftsgestaltung beeinflussbar und veränderbar sind.
Aus dem Inhalt
- 1. Teil: Was ist ... der aktuelle Stand des Brexits?
- 2. Teil: Was kann sein? Austrittsszenarien und ihre Folgen
- 3. Teil: Was soll sein - zur Zukunft der Europäischen Union