Gesetzgebung:
Gesetzgebung:
Reihe: | Politik betrifft uns |
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Themengebiet: | Deutschland , Lebenswelten von Jugendlichen , Sachthemen |
Erscheinungsjahr: | 2018 |
Beschaffenheit: | Heft, DIN A4, perforiert, 28 Seiten, inkl. 2 farbige OH-Folien |
Seitenzahl: | 28 |
Produktnummer: | 40-1804 |
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Auch in Deutschland sind spätestens seit dem Anschlag auf den Weihnachtsmarkt in Berlin im Dezember 2017 die Forderungen nach mehr Überwachung und stärkerer Kontrolle öffentlicher Plätze lauter geworden. Befürworter sehen darin einen wichtigen Beitrag zur Kriminalitätsbekämpfung. Kritiker sehen in dieser Forderung jedoch einen weiteren Schritt in Richtung Überwachungsstaat und argumentieren, dass zu viel Sicherheit die Freiheit gefährde. Hieraus resultiert die Frage, wie eine Balance zwischen Sicherheit und Freiheit geschaffen werden kann.
Die vorliegende Unterrichtseinheit gliedert sich in vier Teile:
Im ersten Teilüberprüfen die Schüler/-innen einerseits ihre ganz persönliche Ausbalancierung der beiden Werte Freiheit und Sicherheit, andererseits die Ausbalancierung am konkreten Beispiel der Videoüberwachung.
Der zweite Teil beinhaltet den Gesetzgebungsprozess als formalen Rahmen.
Im dritten Teil simuliert die Lerngruppe anhand von ausgewählten Etappen den Gesetzgebungsprozess zur Änderung des §6b BDSG
Im vierten Teil setzt sich die Lerngruppe mit fremden Urteilen in Form eines Kommentares zur Neuregelung sowie den Positionen von FDP und AfD – Parteien, die dem damaligen Bundestag nicht angehört haben – auseinander.
Eine Klausur zum Analyse- und Urteilstraining rundet die Einheit ab.
Über "Politik betrifft uns" – Unterrichtsmaterial für den Politikunterricht
„Politik betrifft uns“ ist eine Fachzeitschriftenreihe zur Unterrichtsvorbereitung in Politik, Sozialkunde, Gemeinschaftskunde bzw. Politische Bildung in der Sekundarstufe II.
Im Abonnement erscheint die Publikation sechsmal im Jahr. Dabei thematisiert eine jede Ausgabe tagesaktuelle Geschehnisse aus Gesellschaft, Politik oder Wirtschaft unter Berücksichtigung der Lehrpläne der Bundesländer.
Auf 28 Seiten wird eine komplette Unterrichtseinheit abgebildet. Aktuelle Texte, Statistiken, Interviews sind mit Aufgabenstellungen so aufbereitet, dass sie als Kopiervorlage direkt im Unterricht eingesetzt werden können. Die dazugehörigen Lösungen stehen Lehrerinnen und Lehrern im „Unterrichtsverlauf“ zur Verfügung. Eine Klausur mit Erwartungshorizont rundet jede Ausgabe ab.
Neben der gedruckten Form erscheint "Politik betrifft uns" auch digital. Online bekommen die Abonnentinnen und Abonnenten Zugriff auf die gesamte Ausgabe als PDF-Datei und editierbare WORD-Datei. So wird die Möglichkeit geboten, Arbeitsblätter für die jeweilige Lerngruppe anzupassen. Außerdem sind Bilder und Karikaturen online einzeln verfügbar, um diese mit Beamer oder interaktivem Whiteboard präsentieren zu können.
„Politik betrifft
uns“ ist bestellbar als Zeitschriften- oder Online-Abonnement.
Zusätzlich besteht die Möglichkeit, mit einer erweiterten Schullizenz die
Publikation in der Fachschaft und dem Schulnetzwerk zu nutzen.
Aus dem Inhalt
Diese ausgabe enthält Unterrichtsmaterial zu folgenden Themen:
1. Teil: Das Problem: Was stellt es dar?
- Freiheit und Sicherheit – zwei unvereinbare Gegensätze?
- Problemwahrnehmung aus verschiedenen Perspektiven
- Eine Kurzumfrage EXTRA
- Umfrageergebnisse zur Ausweitung der Videoüberwachung
- Problemwahrnehmung aus der Sicht eines Karikaturisten
- Problembeschreibung: Worüber reden wir eigentlich?
- Der Politikzyklus als Analysemodell von politischen Prozessen
2. Teil: Politikformulierung konkret: ein Überblick
- Der Gang eines Gesetzes
- Schaubild zum Gang eines Gesetzes
- Gesetzgebungsprozess konkret:„Videoüberwachungsverbesserungsgesetz“(BDSG)
- Gesetzentwurf der Bundesregierung
3. Teil: Gesetzgebungsprozess: Eine Simulation
- Überblick: Gesetzgebung als Simulation
- Aussprache (2./3.Lesung) im Bundestag zum Videoüberwachungsverbesserungsgesetz
- Parteipositionen zum Gesetzentwurf: CDU/CSU (Unionsfraktion)
- Parteipositionen zum Gesetzentwurf: SPD
- Parteipositionen zum Gesetzentwurf: Bündnis 90/Die Grünen
- Parteipositionen zum Gesetzentwurf: DIE LINKE
- Gesetzgebungsprozess: Eine Simulation EXTRA
4. Teil: Die Bewertung: Problem gelöst? Neues Problem entstanden?
- Der schmale Grat zwischen Terrorabwehr und Überwachung
- Zwei Positionen zur Videoüberwachung aus dem 19. Deutschen Bundestag: FDP und Afd
- Klausurvorschlag
- Das Videoüberwachungsverbesserungsgesetz: Verstoß gegen unsere Grundrechte? AKTUELL
Einleitung
Auch in Deutschland sind
spätestens seit dem Anschlag auf den Weihnachtsmarkt in Berlin im Dezember 2017
die Forderungen nach mehr Überwachung und stärkerer Kontrolle öffentlicher
Plätze lauter geworden. Dazu gehören auch eine breitere Videoüberwachung im
öffentlichen Raum, die automatische Gesichtserkennung, eine Ausweitung der
Erhebung persönlicher Daten sowie eine Verstärkung der Polizei. Befürworter
sehen darin einen wichtigen Beitrag zur Kriminalitätsbekämpfung und
argumentieren, dass moderne Videotechnik mit Gesichtserkennung den Täter am
Breitscheidplatz identifiziert und Einsatzkräfte alarmiert hätte. Kritiker
sehen in dieser Forderung jedoch einen weiteren Schritt in Richtung
Überwachungsstaat und argumentieren, dass zu viel Sicherheit die Freiheit gefährde.
In dieser Debatte stehen sich also nachfolgende Werte gegenüber oder
abgemildert die Frage, wie eine Balance zwischen Sicherheit und Freiheit
geschaffen werden kann.
Diese Ausbalancierung von Freiheit und Sicherheit wird seit den
Terroranschlägen vom September 2001 immer wieder diskutiert und das
Bundesverfassungsgericht erkennt die Befugnis des Gesetzgebers an, die
traditionellen rechtsstaatlichen Bindungen des Polizeirechts jeweils nach den
Erkenntnissen neuartiger Gefährdungs- und Bedrohungssituationen
fortzuentwickeln, beispielsweise durch eindeutige Ermächtigungen durch Gesetze
oder richterliche Vorbehalte für Durchsuchungen. Demnach darf die Balance
zwischen Freiheit und Sicherheit vom Gesetzgeber neu justiert, die Gewichte
dürfen jedoch von ihm nicht grundlegend verschoben werden. Doch wie sieht es
aus mit diesen Gewichten?
Ein Blick ins Grundgesetz zeigt, dass es keine ausdrückliche Gewichtung des
Verhältnisses von Freiheit und Sicherheit gibt. Artikel 1 und die damit
verbundene Unantastbarkeit der Würde des Menschen sowie die Grundrechtegarantie
zeigen, dass Freiheit zwar einen zentraler Wert darstellt, allerdings kann
er nicht isoliert betrachtet, sondern muss immer innerhalb der Gemeinschaft
betrachtet werden. Wenn sich also die staatliche Gewalt die Verpflichtung
auferlegt, Menschenrechte zu schützen und zu achten, bedeutet dies, dass
einerseits individuelle Freiheit gewahrt wird aber auch, dass Schutzmaßnahmen
gegen Angriffe durch Dritte getroffen werden müssen, also für Sicherheit gesorgt
wird. Ein Grundrecht auf Sicherheit existiert jedoch nicht ausdrücklich.
Im Rahmen dieser Schutzmaßnahmen hat der Bundestag im März 2017 den
umstrittenen Entwurf der Bundesregierung für ein
„Videoüberwachungsverbesserungsgesetz“ unverändert beschlossen. Diese Änderung
des Bundesdatenschutzgesetzes beinhaltet, dass mehr Kameras an „öffentlich
zugänglichen großflächigen Anlagen“ angebracht werden dürfen.
Der damalige CDU-Bundesinnenminister Thomas de Maizière legte den Entwurf als
Reaktion auf die Gewalttaten von München, Ansbach und Würzburg bereits im
Herbst 2016 vor und nach dem Anschlag auf einen Berliner Weihnachtsmarkt
erhielt das Vorhaben im Dezember mehr Zuspruch.
Mit dieser Veränderung soll die Sicherheit vor allem in Sport-,
Versammlungs- und Vergnügungsstätten, Einkaufszentren oder Parkplätzen sowie in
Einrichtungen und Fahrzeugen des öffentlichen Personennahverkehrs erhöht
werden. Als Folge müssen die Datenschutzbehörden der Länder dann künftig in
ihren Genehmigungsverfahren für öffentlich angebrachte Videokameras den „Schutz
von Leben, Gesundheit oder Freiheit“ von Menschen besonders berücksichtigen.
Während des Gesetzgebungsprozesses stieß das Vorhaben immer wieder auf heftige
Bedenken von Datenschützern und Bürgerrechtlern.
Immer wenn es um informationelle Selbstbestimmung geht – sei es im Zusammenhang
mit Lauschangriff, Rasterfahndung, Online-Durchsuchung oder Videoüberwachung am
Arbeitsplatz – wird auf datenschutzrechtliche Probleme hingewiesen. Doch was
bedeutet überhaupt informationelle Selbstbestimmung?
Als Recht auf informationelle Selbstbestimmung wird das Recht des Einzelnen
verstanden, grundsätzlich selbst über die Preisgabe und Verwendung seiner
personenbezogenen Daten zu bestimmen. Das Recht auf informationelle
Selbstbestimmung ist im Grundgesetz nicht explizit geregelt. Allerdings hat das
Bundesverfassungsgericht dieses in seinem Volkszählungs-Urteil aus dem
allgemeinen Persönlichkeitsrecht entwickelt und versteht es als eine besondere
Ausprägung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts. In dem 1983 verabschiedeten
Volkszählungsurteil steht demnach jedem Bundesbürger das Recht zu,
grundsätzlich selbst zu entscheiden, wann und in welchem Umfang persönliche
Tatsachen offenbart, also erhoben, gespeichert, verwendet oder weitergegeben
werden.
Allerdings gilt dieses Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung nicht
absolut, sondern kann eingeschränkt werden. Solche Einschränkungen werden durch
Gesetze vorgenommen, wie das Videoüberwachungsverbesserungsgesetz vom März
2017.
Für dieses Gesetz haben die Regierungsfraktionen von CDU/CSU und SPD gestimmt,
die Opposition war geschlossen dagegen. Der Bundesrat hatte im Vorfeld keine
Bedenken erhoben, sodass das Vorhaben die Länderkammer auch im zweiten
Durchlauf problemlos passieren konnte. Dies klingt einfach, doch das Verfahren
zur Gesetzgebung der Bundesrepublik Deutschland ist kompliziert und, wenn man
sich alleine nur die grafischen Darstellungen dazu anschaut, auf den ersten
Blick schwer durchschaubar. Das Ziel hinter diesem komplexen und komplizierten
Verfahren besteht darin, dass damit gesichert werden soll, möglichst alle
Gesichtspunkte und alle Interessen zu berücksichtigen. In der 18.
Legislaturperiode wurden 547 Gesetze verabschiedet und vom Bundespräsidenten
unterzeichnet. Dabei zeichnet sich immer mehr ab, dass im Fokus nicht mehr
allgemeingültige Vorschriften stehen, die den Staat dauerhaft sichern sollen:
Gesetze greifen nunmehr in alle Lebensbereiche ein. Diese werden so zu einem
Mittel der Politik und tragen zur Gestaltung der Lebenswelt der Bürgerinnen und
Bürger bei.
Gesetze setzen jedoch nicht nur politische (Partei-)Programme um, sondern
können auch von einzelnen Bürgern, Verbänden und Petitionen ihren Ausgang
nehmen. Nach dem Grundgesetz (Art. 76 Abs. 1) kann ein Gesetzesentwurf: durch
die Bundesregierung, aus der Mitte des Bundestages oder durch den Bundesrat
eingebracht werden.
Werden Gesetze durch den Bundestag eingebracht, ist darauf zu achten, dass
Gesetzesinitiativen des Bundestages nur von den Fraktionen oder von fünf
Prozent der Abgeordneten, der Mindeststärke einer Fraktion, ausgehen können. Solche
Initiativen ergreift in den meisten Fällen die Opposition, die damit aber
naturgemäß wenig Erfolg hat.
Mehrheitlich werden die Gesetze durch die Bundesregierung eingebracht, was sich
dadurch erklären lässt, dass die Bundesregierung über den dafür notwendigen
bürokratischen Apparat verfügt, der Experte darin ist, komplizierte Vorhaben in
Gesetzesvorlagen umzuwandeln.
Diesen komplexen Vorgang sollen die Schülerinnen und Schüler mithilfe der
Simulation ebenso nachvollziehen können wie die Ausbalancierung von Freiheit
und Sicherheit.
Kompetenzerweiterung
Die vorliegende Unterrichtseinheit ist in vier Teile
gegliedert. Der erste Teil fördert die Analyse- und Urteilskompetenz:
Die Schülerinnen setzen sich mit dem Problem auseinander, indem sie einerseits
ihre ganz persönliche Ausbalancierung der beiden Werte Freiheit und Sicherheit
überprüfen, andererseits die Ausbalancierung am konkreten Beispiel der
Videoüberwachung.
Der zweite Teil beinhaltet den Gesetzgebungsprozess als formalen Rahmen
und trainiert schwerpunktmäßig die Analysekompetenz. Der
Gesetzgebungsprozess kann hier einerseits abstrakt nachvollzogen werden,
an-dererseits mithilfe des konkreten Falls zur Veränderung des §6b BDSG eingeordnet
werden. Dabei können die Schülerinnen und Schüler das schwer zu durchschauende
Verfahren ebenso nachvollziehen, wie die Berücksichtigung der vielfältigen
Interessen, die zugleich der vielfältigen Mitwirkungsrechte sowie der
Machtverteilung und Machtkontrolle dienen.
Der dritte Teil der Unterrichtseinheit trainiert die Handlungs- und
Urteilskompetenz. Anhand von ausgewählten Etappen des
Gesetzgebungsprozesses simulieren die Schülerinnen und Schüler den
Gesetzgebungsprozess zur Änderung des §6b BDSG.
Schwerpunktmäßig erfahren die Schülerinnen und Schüler in diesem Teil der
Einheit den Aushandlungsprozess eines theoretischen und abstrakten Verfahrens.
Der vierte Teil trainiert schwerpunktmäßig die Urteilskompetenz.
Dabei setzen sich die Schülerinnen und Schüler mit fremden Urteilen in Form
eines Kommentares zur Neuregelung sowie den Positionen von FDP und AfD –
Parteien, die dem damaligen Bundestag nicht angehört haben – auseinander.
Eine Klausur zum Analyse- und Urteils-training rundet die Einheit ab.
Aus dem Inhalt
- 1. Teil: Das Problem: Was stellt es dar?
- 2. Teil: Politikformulierung konkret: ein Überblick
- 3. Teil: Gesetzgebungsprozess: Eine Simulation
- 4. Teil: Die Bewertung: Problem gelöst? Neues Problem entstanden?